Kulturgeschichte Österreichs
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Johann Nepomuk Nestroy – Volksmime und Feingeist

Mehr als 80 Volksstücke und Lustspiele flossen Johann Nestroy (1801–1862) im Laufe seiner Karriere aus der Feder – eine wahre Serienproduktion von Publikumserfolgen. Die Leistung des Dramatikers wurde zu Lebzeiten noch überblendet von einer geradezu legendären Bühnenpräsenz als Interpret seiner maßgeschneiderten Stücke sowie als Theaterdirektor mit operettentauglichem Privatleben. Es blieb nachfolgenden Generationen, und hier insbesondere Karl Kraus, überlassen, im grellen Licht des populären Wiener Volksmimen auch den virtuosen Literaten und höchst beweglichen, kritischen Geist zu würdigen. Den Rohstoff für Nestroys ungeheuere Produktion bildeten in der Regel mehr oder minder populäre Romane. Deren schematische und vergnügliche Handlungsabläufe gerieten ihm aber unter der Hand zu Versuchsfeldern, auf denen ein hellwacher und oft genug bösartiger Witz phantastische Blüten trieb. Ob in der von Restauration und Starre geprägten Zeit des Biedermeier, im nur mühsam gedeckelten Brodeln des Vormärz oder aber in der Enttäuschung nach 1848 – stets war Nestroy neben dem populären Volksmimen auch ein präziser Seismograph, der jedwede Erschütterung seiner Zeit ebenso bestechend wie unbestechlich zu registrieren wusste. 

Ich glaube von jedem Menschen das Schlechteste, selbst von mir, und ich hab’ mich noch selten getäuscht.

Seiler Strick in Johann Nestroys Die beiden Nachtwandler oder das Notwendige und das Überflüssige (1836)

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