Zur Geschichte der Medizin
Aus dem Weltreich der Heilkunst und Pharmazie
Eine digitale Galerie

Militärarzt

Der lange Nachhall der Geschichte: Die jungen Militärärzte, die ihre Prägung und Ausbildung im Ersten Weltkrieg erfuhren, bildeten den Ärztestand im Dritten Reich, sie waren noch in den 1950er Jahren beruflich aktiv und beeinflußten die Kollegenschaft selbst in den Aufbruchsjahren der roaring Sixties. Mit ihnen ragte etwas von dem blutigen Schauspiel bis in unsere Lebenszeit hinein, überdeckt nur von den Bildern des zweiten Krieges, der scheinbar alles vergessen machte, was zuvor gewesen. Nun, da die Ärzte des Zweiten Weltkrieges verstummt sind, taucht schemenhaft wieder die Generation der 1890er vor unserem historischem Bewußtsein auf: Mediziner die direkt von den Hörsälen in die Schützengräben des Stellungskrieges wechselten. Dort bot sich ihnen das bizarre Antlitz einer Medizin im mechanisierten Krieg, tausendfaches Sterben durch Gas und Schrapnell, endlose Reihen von Schwerverletzten in riesigen Lagerspitälern, Amputationen und Operationen in zugigen Baracken oder unter freiem Himmel. Auch an der Heimatfront, wie es damals schon hieß, herrschten surreale Verhältnisse, denn was transportfähig war rollte in Sanitäts- und Spitalzügen notdürftig versorgt von den Kriegsschauplätzen zu den großen Lazaretten im Hinterland.

Ob sich die Militärärzte des Ersten Weltkrieges der Tradition bewußt waren, die sie geschultert hatten? Hatten sie denn noch etwas gemein mit den Feldscheren des Dreißigjährigen Krieges? Wohl kaum. Seit dem 19. Jh. waren für das gesamte Sanitätswesen der Armeen akademische Schulungen obligat, den Feldscher hatte der promovierte Chirurg ersetzt, ausgebildet in langen Friedensjahren an den Hochschulen der modernen Metropolen. Das gestiegene Ansehen spiegelte sich auch in den Dienstgraden wider, denn schon im 18. Jh. wurde für das Sanitätspersonal der Offiziersrang obligat. Im ersten Weltkrieg waren deutsche Assistenz-, Ober- und Stabsärzte zumindest Hauptleute oder Leutnante, die höheren Chargen gehörten den Stabsoffizieren oder der Generalität an. Zu diesen Militärärzten, die mit den leitenden Posten betraut waren, und keine Kombattanten waren, gesellte sich eine große Zahl von Reserve- und Landsturmärzten, dazu Medizinstudenten höherer Semester bzw. vor dem Abschluß, die als Unterärzte eingesetzt und erst mit der Graduierung zu Assistenzärzten im Offiziersrang befördert wurden.

Die Natur scheint uns zu lächeln, und wir übersehen ihren heimlich drohenden Finger.

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